Perspektivwechsel - die Schülersicht
Nach der Vorbreitung auf die Schulschließung und den folgenden drei Wochen "neuen" Unterrichts hatten die "Ferien" begonnen, aber an ein Verschnaufen war nicht zu denken. Die Auswertung der Evaluation des Kollegiums stand aus, die ersten Klassenumfragen liefen an und das weitere Vorgehen bei einer eventuellen Verlängerung der Schulschließung wollte natürlich auch geplant werden. Den letztendlichen Start der sowieso geplanten Schülerevaluation gab der Impuls einer Kollegin in der Kollegiumsgroßgruppe. Sie hatte bereits in Word eine Umfrage erstellt, welche sie in der Gruppe teilte. Eines ergab das Andere, sodass nach einer gemeinsamen Überarbeitung und Ergänzung ihre Umfrage in ein Umfragetool eingebettet wurde und in sechs Pilotklassen durchgeführt wurde.
Bei allen Bemühungen, die wir uns machten, war uns immer klar, dass wir stets aus der Schülerperspektive denken mussten, um entsprechend "richtig" handeln zu können. Dieser Perspektivwechsel ist hinsichtlich einer gelingenden Schulentwicklung unabdingbar und war vor allem unter den aktuellen Gegebenheiten unausweichlich.
Bevor hier exemplarisch einzelne Ergebnisse an einer Klassenumfrage gezeigt werden, bin ich sehr froh, dass sich einige Schülerinnen und Schüler bereiterklärt haben, von ihren Erfahrungen in diesen drei Wochen zu berichten.
An dieser Stelle ganz herzlichen Dank an alle, die diesen Perspektivwechsel ermöglicht haben:
Hallo Herr Stoll,
So nun schreibe ich Ihnen,wie ich mit dieser Zeit umgehe oder bzw. was ich so erlebe:
Ich mache neue Erfahrungen damit, was es heißt zu Hause zu bleiben und keine Schule, sowie auch keine sozialen Kontakte pflegen zu können. Die ersten zwei Wochen liefen sehr gut, auch mit den Hausaufgaben, für die wir täglich zwischen 4-5 Stunden brauchten. Die dritte Woche war dann doch schon sehr anstrengend für mich, weil ich nicht mehr viel Kraft hatte und die Lust war auch nicht mehr so da. Und man konnte auch nicht sagen:"Komm, wir machen es mit Schulfreunden gemeinsam".
Zu Hause ist wie Schule, aber nur fast.
Die Schule fehlt mir, weil die Lehrer super Arbeit leisten und mit uns jedes Kapitel im Fach durchgehen, sodass wir es verstehen können. Jedoch ist es schwieriger, wenn unsere Eltern uns das erklären und ich es nicht immer gleich verstehe. Aber unsere Eltern nehmen sich die Zeit und erklären es uns. An der Tafel wäre es besser, mit Zeichnungen oder schriftlich. Denn sie (Anm.: Eltern) sind ja länger aus der Schule und müssen auch erst wieder da reinkommen, was Ihnen gut gelingt. Es ist sehr schwierig, keine Freunde treffen zu können privat wie auch in der Schule, denn in der Schule ist man immer mit seinen Freunden zusammen, lernt mit ihnen, hat Spaß zusammen und man macht viele Erfahrungen gemeinsam, was zuhause nicht so ist.
Zu Hause ist es einfach anders, als in der Schule.
Aber dennoch ist es mal was anderes, zu Hause unterrichtet zu werden. Jedoch hoffe ich, dass wir bald gemeinsam diese schwierige Zeit hinter uns haben. Und wenn es heißt, wir dürfen endlich wieder zur Schule, denn darauf freue ich mich schon sehr.
Zu Hause fällt einem irgendwann die Decke auf den Kopf.
Bleiben Sie und Ihre Familie gesund und bis hoffentlich bald.
Liebe Grüße
Steven, Klasse 6
Montag, der 16.03.20, war der letzte Schultag vor den „Corona-Ferien“. Alles war wie immer und ich dachte nicht wirklich daran, was uns in den nächsten Wochen erwartet. Zu Hause machte ich mir dann Gedanken und plante den nächsten Tag. Die ersten Tage liefen überraschend gut: Mathe, Deutsch und Englisch standen auf dem Stundenplan.
Ich fing ca. um 8:00 Uhr an, sodass ich meistens um 12 Uhr mit allem fertig war und den Rest des Tages frei hatte.
Die ersten zwei Wochen liefen gut, ich verstand die Aufgaben und es war nicht wirklich stressig, da ich alles bis zur Hausaufgabenkontrolle gemacht hatte.
Was ich gut fand war, dass man seine Pausen selber einteilen konnte, mit den Geschwistern / Eltern reden und den Lehrer oder Mitschüler um Hilfe bitten konnte, wenn man was nicht verstand. Wir haben uns gegenseitig per Echtzeitmessenger geholfen und gemeinsam Unklarheiten gelöst. Was mir an der Klassengruppe gefallen hat ist, dass man immer eine Antwort bekam, wenn man Hilfe gebraucht hat.
Doch ab der letzten Woche vor den Osterferien wurde alles stressiger: Wir bekamen von vielen Nebenfächern Aufgaben, die wir machen und verschicken mussten. Ich saß fast doppelt so lang an den Aufgaben.
Was ich nicht so gut fand ist, dass wir zwei Wochen lang nur wenig machen mussten und ab der letzten Woche auf einmal viel mehr Druck hatten. Ich fand es nicht gut, dass alle Aufgaben der Nebenfächer auf einmal kamen. Es ist zwar klar, dass alle Lehrer mit ihrem Stoff durchkommen wollen, aber besser wäre es, wenn man in Zukunft nach regulärem Stundenplan arbeiten könnte und nicht fast jeden Tag alles durcharbeitet. Was jedoch sehr gut war, ist, dass man mit dem Stoff gut durchkommt und auch so intensiv und konzentriert wie in der Schule arbeiten konnte.
Es ist zwar schön zuhause zu sein, aber auf Dauer kann ich mir das nicht vorstellen. Es ist dann doch schön, wieder in die Schule zu gehen.
Schüler, Klasse 9
Schule durch Homeoffice- geht das?
Liebe Leserinnen und Leser,
wie die Überschrift schon vermuten lässt, geht es heute um ein sehr aktuelles und brandheißes Thema: die Schule während des eingeschränkten Ausgangs in der
Coronakrise. Was früher ein Traum war, wurde innerhalb von wenigen Tagen zur Realität: Schule zu haben, ohne in die Schule gehen. Im Jogginganzug gemütlich zuhause sitzen, neben den zu
erledigenden Aufgaben einen Kaba schlürfen und ein paar Stunden länger schlafen. Auf den ersten Blick hört sich das alles sehr entspannt an und man könnte meinen, dass Schule von zuhause aus für
den Schüler und den Lehrer tausendmal besser und angenehmer ist. Doch nicht immer läuft alles wirklich „reibungslos“. In dem folgenden Beitrag möchte ich meine persönlichen Erfahrungen darlegen
und meine Meinung zu dem Thema repräsentieren.
Ich habe 3 Wochen lang Schule durch Homeoffice gemacht, sowie die restlichen Schüler vom Bundesland Baden-Württemberg. Ein Tagesablauf sah dabei folgendermaßen
aus. Aufgestanden bin ich ca. immer zwischen 8 und 9 Uhr. Anschließend begann ich dann immer mit den jeweiligen Aufgaben von den Fächern, die uns heute zugeteilt wurden. Ich konnte die Aufgaben
jederzeit durch ein Teamportal auf unserer Schulhomepage abrufen, was sehr praktisch war. Die Aufgaben waren gut geordnet, sodass man eigentlich nichts vergessen konnte. Ich fand es gut, dass
alle Aufgaben auf einer Seite zu finden waren, sodass alles auch schön übersichtlich blieb. Man musste teilweise viele Arbeitsblätter drucken, was vielleicht nicht für jeden Schüler immer so gut
machbar war, aber ich denke, dass jeder dafür eine Lösung hatte. Gegebenenfalls konnte man die Aufgaben sonst auch separat lösen. Gab es eine Frage, konnte ich mich jederzeit über den Messager
„Ginlo“ an den jeweiligen Lehrer wenden. Dies funktionierte meistens sehr gut. Jedoch waren die Lehrer nicht immer innerhalb von einer halben bis einer Stunde erreichbar, was vor allem für
schwächere Schüler teilweise schon ein Problem darstellte. Eine feste Sprechzeit, wie beispielsweise von 9 bis 13 Uhr wäre dabei sicher hilfreich gewesen.
Meiner Meinung nach wurde während der Schul-Homeoffice mehr Schulstoff erarbeitet, als in der Schule. Dies ist natürlich ein sehr guter und positiver Aspekt,
der auf jeden Fall für Schul-Homeoffice spricht. Einige Lehrer stellten für ihre Aufgaben nach Abgabetermin Lösungen bereit, was ich ebenfalls als sehr gut empfand. Für die kommenden Wochen würde
ich vorschlagen, dass dies jeder Lehrer machen sollte. Durch die Lösungen konnte jeder Schüler selbst schauen, was richtig war und gegebenenfalls auch abschätzen, ob man das Thema verstanden
hatte oder nochmal üben musste.
Was noch etwas ausbaufähig zu Beginn der Schul-Homeoffice war, betrifft den Abgabetermin der zu erledigenden Aufgaben. Dadurch, dass jeder Lehrer zu Beginn eine
andere Abgabezeit festgelegt hatte, kam man sehr schnell durcheinander oder vergaß auch mal, etwas zu versenden. Jedoch hatte sich dies während der Zeit verändert und es wurde
ein einheitlicher Termin, und zwar 18 Uhr, festgelegt. Ich fand diesen Schritt sehr gut und bedanke mich auch jetzt noch einmal bei den Lehrern, die gemeinsam
den Kompromiss festgelegt hatten. So verschwand der Zeitdruck, alle Aufgaben vormittags zu erarbeiten. Man konnte sich ganz entspannt die Aufgaben über den Tag verteilen und sich für alles genug
Zeit lassen, was zu einer sehr guten Arbeitsatmosphäre führte. Der Großteil der Aufgaben war sehr angenehm zu erledigen und es gab nur sehr wenige Aufgaben, wo meiner Meinung einfach nur sinnlos
waren und uns nur beschäftigen anstatt bilden sollten.
Ich fand die Schul-Homeoffice eine gute Auswahlmöglichkeit für die Coronakrise und wenn man eine gute Einstellung und ein gutes Arbeitsverhalten mitbrachte,
funktionierte dies größten teils auch. Verstand man jedoch ein Thema nicht richtig und hatte keinen Ansprechpartner zur Verfügung, konnte es auch manchmal etwas schwer werden und der Druck stieg
wieder ein bisschen, da man dann bezüglich der Zeit schnell zurückfallen konnte. Jedoch freue ich mich trotzdem wieder auf die Schule, denn die Gemeinschaft mit den anderen Freunden und Schülern
fehlt einem schon.
Ich hoffe, der Beitrag hat euch gut informiert und einen ordentlichen Einblick geschaffen. Ich wünsche Euch noch eine gute Zeit und bitte bleibt alle
gesund.
Bis Bald!
Schülerin, Klasse 9
Am letzten "normalen" Schultag vor Schulschließung war uns bewusst, dass uns eine besondere Zeit bevorsteht. Jedoch hatten wir als Schüler keinerlei Sorgen, vor allem als Schüler der Abschlussklassen, dass wir Unterrichtsstoff "verpassen" oder nicht mehr gut auf unsere Prüfungen vorbereitet werden. Wir dachten uns schon, dass wir aufgrund der digitalen Hilfsmittel gut zurecht kommen werden.
In dieser Zeit lief gut, dass jeder für sich in seinem eigenen Tempo arbeiten konnte. Man konnte sich beliebig Zeit lassen, musste die Aufgaben jedoch bis zu einer bestimmen Uhrzeit, falls man danach gefragt wurde, schicken. Die Abfragen waren eine gute Motivation, um zu verhindern, sich auf die faule Haut zu legen und nichts zu arbeiten. Das Ganze funktionierte nur aufgrund eines Messengers, der WhatsApp ähnelt, der Plattform unserer Schulwebsite und aufgrund der Skripte, Erklärvideos und Homepage unseres Mathelehrers. Wir hatten vorgegebene Wochenpläne und erarbeiteten diese ohne Probleme und Zeitdruck. Wir besuchten teilweise Webinare, die von Bücherverlagen veranstaltet wurden und mussten somit Aufgaben bearbeiten, hatten aber auch einmal eine Unterrichtsstunde per Videokonferenz mit unserem Deutschlehrer, welche ein wenig komisch war, da man seine Mitschüler weder gesehen noch gehört hatte. Natürlich war es schwer, sich selbst dazu zu bringen, aufzustehen und zu lernen, anstatt auszuschlafen und ebenfalls war es eine Schwierigkeit, sich zu Hause nicht ablenken zu lassen. Man hatte nicht die gewöhnliche Umgebung und Atmosphäre, die man sonst in der Schule hat, oder gar einen Lehrer, der nach einem schaut.
Das Arbeiten von zu Hause aus war viel ruhiger und leiser, man konnte sich besser konzentrieren und ich persönlich habe besser und mehr in manchen Fächern gearbeitet, als in der Schule.
Innerhalb dieser drei Wochen verschlechterte sich jedoch von Woche zu Woche die Motivation und man begann auch die Klassenkameraden und Lehrer schon ein bisschen zu vermissen. Zukünftig wäre es von Vorteil, den Messenger als Kommunikationsmittel mit Lehrern zu verwenden, anstatt per E-Mail zu kommunizieren. Außerdem sind die Erklärvideos auch im normalen Schulalltag gut zu gebrauchen, um Unterrichtsstoff zu wiederholen und im eigenen Tempo zu verstehen.
Generell fanden wir die digitalen Lernmethoden der letzten drei Wochen sehr angenehm und gut prüfungsvorbereitend.
Laura und Fabian, Klasse 10
Bezüglich der sechs durchgeführten Klassenumfragen seien im Folgenden einige Zitate zum Unterricht zu Hause genannt, die mich bezüglich der Zukunft zum Nachdenken gebracht haben.
"Weil ich mir selber einteilen konnte, wieviel ich mir Zeit nehme dafür."
"Man lernt irgendwie selbstständig zu arbeiten, aber es gibt natürlich auch welche, die sowas nicht können."
"Man war motivierter und konnte sich auch Pausen nehmen."
"Man hat sich wohler gefühlt und alles war viel entspannter, sowie diese drei Wochen waren, waren sie super, auch in jeden Fach. Und wenn was unklar war, hat man direkt in der Klassengruppe gefragt und die Frage wurde beantwortet, von mir aus kann es so weitergehen."
"Weiß ich auch nicht...ich war konzentrierter."
"Man kann selbstständig arbeiten und man hat seine Ruhe."
"Ja, da ich mir soviel Zeit lassen konnte ,wie ich wollte. Ich hätte um 4 Uhr morgens aufstehen können und bis 13 Uhr nur Mathe machen, diese Möglichkeit hab ich in der Schule nicht."
"Ich habe viel mehr gemacht und auch sorgfältiger als sonst."
"Lieber wieder Schule"
"Man kann sich die Aufgaben für zu Hause einteilen, also man muss nicht alles auf einmal machen, sondern kann sagen ' Ich mache jetzt eine Pause'. Das fand ich viel entspannter."
"Zu Hause habe ich mehr Aufgaben in der gleichen Zeit geschafft, weil ich mich besser konzentrieren konnte."
Was denkt ihr? Was müssen wir mitnehmen, wenn der "Normalbetrieb" wieder startet? Welche Erfahrungen habt ihr bzw. eure Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit gesammelt? Deckt sich das mit den Erfahrungen bei uns?
Ich freue mich über eure Kommentare.
Gerne hier oder auf Twitter oder natürlich auch gerne per Mail.
Neben der Schülersicht sind natürlich auch die Erfahrungen anderer Kolleginnen und Kollegen sowie auch die der Eltern wichtig.
Mehr dazu im vierten Teil unserer Chronologie ;-)
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