Endlich ist es wieder soweit, dass ich dazu komme, meinen Blog wieder aufleben zu lassen :-)
Es hat sich in der letzten Zeit einiges getan. Ich bin seit mittlerweile zwei Jahren neben meiner Tätigkeit als Lehrer an einer Realschule zusätzlich als Medienpädagogischer Berater am Kreismedienzentrum Ravensburg tätig. Ein tolle, erfüllende Aufgabe, die es mir an zwei Tagen in der Woche ermöglicht, über den Tellerrand der eigenen Schule hinauszublicken und das Arbeiten und Wirken anderer Schulen zu begleiten und zu unterstützen.
Aufgrund vieler Anfragen von Schulen, entsprechenden Vorfällen in der eigenen Schule und nicht zuletzt auch wegen meiner eigenen Kinder ist mir dieses Thema ein wichtiges Anliegen:
Zumeist gelangt spätestens mit dem Wechsel an eine weiterführende Schule das erste eigene Smartphone in die Hände vieler Kinder. Der Erwerb des ersten eigenen Smartphones ist sowohl für Kinder als auch für ihre Eltern ein bedeutender Schritt. Exemplarisch möchte ich kurz einige wichtige Aspekte aufführen, die meiner Meinung nach bei den ersten Schritten aus elterlicher Sicht berücksichtigt werden sollten:
- Eltern sollten das Smartphone gemeinsam mit ihren Kindern einrichten. Dabei ist es ratsam, Apps wie den Google Family Link (Android) oder der Bildschirmzeit (iOS) zu nutzen, um den Überblick über die kindlichen Aktivitäten (sowohl zeitlich als auch inhaltlich) zu behalten.
- Eltern sollten mit ihrem Kind über die Verantwortung sprechen, die mit der Nutzung eines Smartphones verbunden ist und klare Erwartungen an die Smartphone-Nutzung stellen. Es sollte gemeinsam mit dem Kind besprochen werden, welche Apps installiert werden und wie lange das Smartphone täglich genutzt werden darf.
- Vor allem aber ist es in meinen Augen wichtig, eine Balance zwischen der Smartphone-Nutzung und anderen Aktivitäten zu finden.
- Eltern sollten sich für die (Online)Lebenswelt interessieren, mit ihrem Kind "im Gespräch" bleiben und sich auch mal eine App, ein Spiel, einen Influencer etc. zeigen bzw. erklären lassen.
Diese kurze Auflistung soll einen ersten Überblick verschaffen und dafür sensibilisieren, dass Kinder bei diesem Schritt begleitet und unterstützt werden müssen.
In schulischer Hinsicht ist der Klassenchat, welcher häufig von Schülerseite trotz der Altersvorgabe von 16 Jahren über den Dienst WhatsApp eingerichtet wird, eine "Herausforderung", derer man als Lehrer nahezu unweigerlich ausgesetzt ist.
Mangelnde Netiquette, fehlende Moderation und Begleitung durch Erwachsene führen zwangsläufig nach einer kurzen Phase der "Eingewöhnung" zu Konflikten, welche sich negativ auf das Klassenklima auswirken können. Hinsichtlich WhatsApp (und auch anderer Sozialer Netzwerke) sei hierbei auch erwähnt, dass "jegliche schulische bzw. dienstliche Kommunikation auf oder mittels solchen Sozialen Netzwerken sowohl zwischen Lehrkräften und Schülern als auch der Lehrkräfte untereinander unzulässig ist", ein Lehrer bzw. eine Lehrerin somit nicht Teil eines solchen Klassenchats sein darf.
Um aufkommenden Konflikten präventiv entgegenzutreten, ist es unabdingbar, klare und transparente Regeln für die Nutzung von Klassenchats aufzustellen. Diese sollten die Privatsphäre schützen, einen respektvollen Umgang gewährleisten und klare Grenzen in Bezug auf die Erreichbarkeit setzen.
Neben der elterlichen Unterstützung sind hier auf schulischer Seite vor allem die Klassenlehrer der 5. Klassen gefragt, einen entsprechenden Verhaltenskodex im Klassenchat zu thematisieren, um ihren Schülerinnen und Schüler mit Hilfe von gemeinsam erarbeiteten Regeln eine Handlungshilfe im Umgang mit digitaler Kommunikation "an die Hand" zu geben. Als Unterstützung für dieses Vorhaben habe ich zum einen ein Video mit einem möglichen Regelkatalog für den Klassenchat produziert. Zum anderen stelle ich eine Blanko-Vorlage des Plakats zur Verfügung, in die mögliche Regeln direkt eingetragen werden können. Diese Materialien sollen Kolleginnen und Kollegen inspirieren und die Umsetzung in der eigenen Klasse erleichtern.
Die Erarbeitung eines Regelwerks für den Umgang mit dem Klassenchat kann ein lehrreiches Projekt sein, das die Schülerinnen und Schüler aktiv in die Gestaltung ihrer digitalen Kommunikationsumgebung einbezieht. Hier ist (m)ein Vorschlag, wie man dieses Projekt in der eigenen Klasse umsetzen können:
- Einführung: Beginne mit einer Diskussion bzw. Brainstorming über digitale Kommunikation, Datenschutz und die Nutzung von Messenger-Diensten. Stelle die Herausforderungen und Vorteile vor, die mit der Nutzung von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten verbunden sind. Du kannst hierbei auch über mögliche Alternativen zu WhatsApp diskutieren bzw. diese vorstellen.
- Video-Präsentation: Zeige das von mir erstellte Beispielvideo mit den neun möglichen Regeln für den Klassenchat. Diskutiere die vorgestellten Regeln und frage die Schülerinnen und Schüler nach ihren Meinungen und eigenen Erfahrungen.
- Partner- oder Gruppenarbeit: Teile die Klasse in kleine Gruppen auf und lasse jede Gruppe ihre eigenen Regeln für den Klassenchat erarbeiten. Hierbei können deine Schülerinnen und Schüler gerne meine Blankovorlage verwenden, um die erarbeiteten Regeln zu dokumentieren.
- Ergebnissicherung I: Jede Gruppe präsentiert nun ihre erarbeiteten Regeln und die Klasse kann gemeinsam darüber abstimmen, welche Regeln final übernommen werden sollen. Die Sicherung der Partner- bzw. Gruppenarbeit kann auch digital z.B. als hochgeladenes Foto in einer TaskCard (Zugang für Lehrkräfte LK Ravensburg bzw. LK Biberach) erfolgen.
- Reflexion und Feedback: Nach der Abstimmung und Finalisierung des Regelwerks, reflektiere gemeinsam mit der Klasse über den Prozess und sammle Feedback. Bespreche, wie die Regeln in der Praxis umgesetzt und überwacht werden können, und ermutige die Schülerinnen und Schüler, Verantwortung für die Einhaltung des Regelwerks zu übernehmen.
- Ergebnissicherung II - Plakatgestaltung: Die festgelegten bzw. final abgestimmten Regeln sollten im Anschluss schriftlich z.B. als großes Plakat fixiert bzw. festgehalten werden und möglichst für alle sichtbar im Klassenzimmer aufgehängt werden.
- Laufende Überprüfung: Plane regelmäßige Überprüfungen des Regelwerks, um sicherzustellen, dass es weiterhin relevant und effektiv ist. Ermutige die Schülerinnen und Schüler, Feedback zu geben und Vorschläge für Verbesserungen zu machen. Ein niederschwelliges Tool zur Durchführung von Feedbacks bzw. Umfragen ist minnit. Die Ergebnisse werden ansprechend visualisiert und bieten so eine optimale Möglichkeit die Ergebnisse gemeinsam zu besprechen.
Durch die aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler am Erstellungsprozess des Regelwerks, förderst du nicht nur ihr Verständnis für digitale Etikette und Datenschutz, sondern auch ihr Engagement und ihre Verantwortung für eine positive und respektvolle digitale Kommunikation.
Neun (mögliche) Regeln für den Klassenchat - Video
Weitere Quellen und inspirierende Anregungen zur Thematik findest du hier:
- Unsere Regeln für den Klassenchat (Klicksafe)
- Sinnvolle Einstellungen und Regeln für den Klassenchat (Betzold)
- 10 Tipps für einen stressfreien Klassenchat (Verstehen statt verbieten)
- 10 goldene Regeln für den Klassenchat (Fritz und Fränzi)
- Klassenchat: Regeln und Richtlinien für Schülerinnen und Schüler (lehrer-online)
- Social Media: Tipps und Regeln für Gruppenchats (NDR)
- Tipps für den Klassenchat: Gruppen erarbeiten Umgangsformen (AJS NRW)
- Elternwissen: Regeln für den Klassenchat (Familienland Bayern)
- Regeln im Klassenchat (Webhelm - kompetent online)
- WhatsApp – Was tun bei Mobbing? (Kindermedienland BW)
Viel Spaß bei der Erarbeitung eurer Regeln für einen gelingenden Klassenchat :-)
Ich freue mich, wenn mein Material rege zum Einsatz kommt ;-)
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